Die eigenen Kinder zu fotografieren ist seit dem Einzug des ersten iPhones 2007 in die Hosentasche gekehrt. Heute hat jeder ein Smartphone mit einer guten Kamera und was diese Kameras leisten wäre vor 20 Jahren noch unvorstellbar gewesen. Das gibt dir die Möglichkeit deine Familie und Kinder zu jederzeit selbst zu fotografieren – das ist großartig, denn ich bin der Überzeugung, es gibt nichts wertvolleres als Momente aus dem jungen Leben eurer Kinder festzuhalten. Sind die Bilder dann noch gut fotografiert und übertragen mehr als nur die sachliche Information, hast du ein Bild geschaffen, welches dich über Jahre emotional zurück erinnern lässt.

Ein Bild ist mehr als die sachliche Information, vielmehr ist es die Emotion, die uns berührt.

Damit nun die Chance auf eben diese Bilder steigt, gebe ich dir hier 5 Tips mit auf den Weg die dir helfen sollen.

1. Die Beste Kamera ist die, die du bei dir hast

Elliot Erwitt wird dir wahrscheinlich nicht viel sagen, deshalb hol ich kurz aus: Erwitt war Mitte der 60er Jahre Präsident der weltberühmten und historisch sehr bedeutsamen Fotoagentur „Magnum“ und arbeitete mit Größen wie Robert Capa und Edward Steichen zusammen. Von Ihm stammte das herrliche und treffende Zitat: „Die Beste Kamera ist die, die du bei dir hast“.
Hier sind wir also schon beim ersten Tip und einer wichtigsten Lektion: Deine Kamera, also sehr wahrscheinlich dein Handy, ist gut so wie sie ist und genau das richtige, was du in dem Moment des Fotos brauchst. Eine bessere Kamera heißt noch lange nicht, auch ein besseres Foto zu schießen. Heute Smartphones und digital Kameras lösen mit mehr als 10 Megapixel auf, was rein technisch locker für einen A4 Ausdruck ausreicht (bei einer Pixeldichte, die unser Auge also Scharf wahrnimmt). Lass dich von großen Kameras und großen Objektiven also nicht blenden, dein Handy kann eine ganze Menge!

 

2. Der richtige Moment, das ist das Geheimnis

Den richtigen Moment zu treffen, danach strebt jeder Fotograf, ob Journalist, Künstler oder Lifestyle-Fotograf. Einer der größten Fotografen unserer Zeit war Henri Cartier-Bresson, er ist eine wunderbare Inspirationsquelle für „den richtigen Moment zu treffen“. Sie dir ein paar seiner Bilder an und du wirst merken, was damit gemeint ist. Wichtig hier zu verstehen: Bresson hat mit einer kleinen analogen Leica fotografiert, ein Film und eine Festbrennweite, mehr hat er nie gebraucht. Ein weiterer Hinweis darauf, das die Kamera nicht das Bild macht, sondern der Fotograf. Jedes Handy kann heute 1000 mal mehr, als die analogen Kameras aus dieser Zeit.

Der richtige Moment, das bedeutet sich ganz auf das Geschehen zu konzentrieren und abzudrücken, wenn Gestaltung und Emotion auf einer Linie liegen.

Was macht also den richtigen Moment aus? Das ist eine schwierige Frage und hier ist die größte Crux an er Fotografie. Es ist subjektiv und wird von jedem einzelnen selbst bewertet. Es gibt allerdings ein paar allgemein bekannte Wirkungsweisen, die den richtigen Moment positiv beeinflussen.

Die bestehen aus: der richtigen Gestaltung, dem Licht und dem Motiv bzw. der Person selber. Hier liegt die Schnittmenge und diese Dinge hast du in deiner Hand.

 

3. Unterschätze die Bildgestaltung nicht

Kommen wir nun zu etwas Handwerkszeug. Natürlich darfst du so fotografieren wie du willst, möchtest du jedoch ein deine Bilder mit ein paar einfachen Tricks besser aussehen lassen, dann bezieht sich das meist auf folgende Dinge:

  1. Der Goldene Schnitt
  2. Linien und Flächen im Bild
  3. Das Bildformat
  4. Die Perspektive
  5. Unschärfen

Im wesentlichen besteht eine gute Bildgestaltung aus die Summe dieser fünf Dinge. Hier ein paar grundsätzliche Tips dazu:

Der Goldene Schnitt

Das hast du sicher schonmal gehört, hier geht es eigentlich nur darum, das Bild horizontal und vertikal in drei Teile einzuteilen und damit das Bild zu segmentieren. Setze nun das Motiv auf eines der Schnittpunkte und Eh voilà du hast die erste „Regel“ der Bildgestaltung angewendet.
Bilder, welche im goldenen Schnitt liegen wirken meist spannender und harmonischer.

Linien und Flächen im Bild

Damit du ein Bild führen kannst und den Blickwinkel lenken kannst, sind Linien und Flächen ganz wichtig. Hier kannst du ganz bewusst Linien nutzen um auf Personen zu lenken und Flächen um deinem Bild Tiefe und Struktur zu verleihen. Kombinierst du das mit dem Goldenen Schnitt, entstehen wunderbare und spannungsvolle Aufnahmen.

Das Bildformat

Ein oft unterschätztes Mittel der Bildgestaltung, gerade wenn du mit deinem Handy fotografierst. Hier neigst auch du vielleicht dazu im vertikalen Format zu fotografieren. Wichtig zu verstehen ist dabei vor allem folgendes: Unser natürliche Seheindruck ist in erster Line Horizontal geprägt, Horizontale Aufnahmen wirken entspannter und betonen die Weite im Bild. Ein Klassiker sind hier Landschaftsaufnahmen. Aber auch für dich und deine Kinder empfehle ich dir das Horizontale Format.
Fotografierst du vertikal, ist das oft beklemmend und macht deine Kinder von der Wirkung her „gefangen“. Hier gibt es natürlich keine Regel, wichtig ist, dass das Format das Bild in seiner Aussage unterstützt.
Populär ist seit ein paar Jahren das Quadrat, vor allem auf Instagram – das Quadrat strahlt Ruhe aus und betont keine der beiden Seiten. Ideal für interessante Portraits

Die Perspektive

Eines der spannendsten Mittel wie du deine Bilder ohne viel Aufwand aufwerten kannst, ist das Spiel mit der Perspektive. Neben der Brennweite (dem Zoom in deinem Handy) ist die Wahl der Perspektive die einzige Möglichkeit den Bezug zum Objekt zu verändern. Das tolle hierbei, je mehr du damit experimentierst, desto mehr Spaß macht es.
Ich empfehle dir bei deinen Kindern vor allem auf Augenhöhe zu fotografieren – eines der häufigsten Fehler ist es deine Kinder zu fotografieren, ohne aus der Sicht ihrer Augen. Du wirst überrascht sein, was dieser Tip allein bewirkt.
Aber auch von Oben, hinten, unten oder seitlich kann total spannend sein, probier dich einfach aus!

Unschärfen

Hier kommen wir an den Punkt, den du mit normalen Smartphones wohl am wenigsten realisieren kannst. Physikalisch bedingte Unschärfen, die das Objektiv erzeugt, geben dem Bild Tiefe und viel Emotion und einen mächtigen Anteil an interessanter Bildgestaltung.
Die neueren Smartphones versuchen das zu imitieren, in dem der Hintergrund deiner Kinder unscharf gerechnet wird, das funktioniert in vielen Fällen zwar gut, ersetzt die Physik jedoch nicht. Das Spiel mit Schärfe und Unschärfe ist eines der wichtigsten Gestaltungsmittel.
Versuche interessante Schärfenverläufe und lenke den Blick des Betrachters auf deine Kinder, du wirst erstaunt sein, wie emotional deine Bilder wirken werden.

4. Licht, Schatten und das Ding mit den Farben

Zugeben, das ganze ist schon ziemlich Technik lastig, deshalb versuch ich mich kurz zu fassen:
Licht und Schatten sind elementar in der Fotografie, hier ist der größte Spielraum zwischen Fotografen. Licht zu sehen, zu verstehen und geschickt für sich zu nutzen ist nicht nur bloßes Wissen darüber, sondern vielmehr Erfahrung und experimentier Freude.
Für dich heißt das konkret: Sieh dich um bevor du los legst, bist du beispielsweise  im Wohnzimmer und die Deckenlampe leuchtet im grellen Gelb, dann solltest du das Licht ausschalten – nutze z.B.: das Fenster, welches natürliches Licht in deinen Raum lässt und lass deine Kinder davor spielen, du wirst erstaunt sein, welchen Unterschied das ausmacht.
Bist zu draußen? Super! Dann achte hier auf das richtige Verhältnis von Sonne und Schatten, in der direkten Sonne gibt es zu harte Schatten und oft sehr unausgewogenes Licht. Kein Schatten weit und breit? Okay, dann dreh deine vor die Sonne (oder du dich gegen die Sonne 🙂 ) und erzeuge damit ein interessantes „Back-Light“.
Du merkst, es bedarf vorwiegend Verständnis für die Situation, was mich auch zum 5 Tip bringt.

5. Erst verstehen, dann fotografieren

Um diese vielen Hinweise abzurunden, ist es wichtig, das du beginnst zu verstehen. Du möchtest ja spannender und besser Bilder machen, damit du dich in vielen Jahren voller Freude und Emotion an die Situation und die Personen auf dem Bild erinnern kannst.
Schnapp dir also mal ein paar Minuten und schau dir an was deine Handy-Kamera oder jede andere Kamera die du hast so kann. Wenn du in die Tiefe gehen möchtest und dein technisches Verständnis stärken möchtest, dann empfehle ich dir die Seite von Michael Groer – er gibt hier eine Fülle an Tips und erklärt technische Dinge.

Mit diesen Tips, Zeit und viel Praxis wirst du in Handumdrehen tolle Bilder deiner Familie schießen und damit etwas zeitloses Schaffen: Erinnerungen über Generationen. Die Fotografie ist eine wunderbare und wohl eine der bedeutendsten Erfindungen der Menschheit – und trägst sie in deiner Hosentasche!

Viel Spaß wünsch ich dir!

Euer Stefan

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